Sonntag, 16.7. Von Rohrschach bis Zürich (104 km)

Ideales Wetter heute! Es soll nicht ganz so heiss werden wie in der letzten Woche und der Wind von gestern soll auch heute kühlend auf all diejenigen einwirken, die den Tag im Freien zu verbringen gedenken. Wie ich zum Beispiel. Auch heute komme ich früh weg und lenke mein Velo schon um sieben Uhr aus dem Hotelvorplatz auf die Strasse. Ein Lunchpaket bekomme ich leider nicht bereitgestellt - so wie es gestern der Fall war - deswegen halte ich bei einem Kiosk am Rohrschacher Bahnhof an und kaufe mir vorsorglich mal zwei Sandwiches…man weiss ja nie.


Bis Arbon radle ich noch am See entlang. Das ist ein gemütliches Warmfahren, völlig flach und mit wenig Verkehr. Ein paar Hundehalter und Jogger sind unterwegs - ein typisches Morgenbild. In Arbon dann weg vom See und ins hügelige Hinterland. Die ersten paar Kilometer geht das recht zügig auf der Hauptstrasse dahin, die Steigung merkt man kaum, aber man pedaliert sich doch allmählich Meter für Meter über das See-Niveau nach oben. In Steinbrunn hab ich dann Anschluss an die "Mittellandroute" gefunden, das ist die Nummer 5 der ausgeschilderten Fernradwege in der Schweiz. Und damit tauche ich auch ein in die Bilderbuchschweiz: saftgrüne Wiesen, dunkle Wälder, Berge am Horizont - und über all dem spannt sich ein blauer Vormittagshimmel.


In Hagenwil gibt's ein Schloss zu besichtigen, der Ort liegt in einer Talsenke mit steilem Talrand, es geht forsch hinunter und auf der anderen Seite so steil hinauf, dass ich lieber mal absteige und schiebe, man muss ja nicht übertreiben. Es geht weiter hügelig dahin, dann tauche ich kurz vor Bischofszell hinab ins Tal der Sitter. Ich geniesse das Radeln auf den kleinen Asphaltstrassen noch so richtig, ich weiss ja, dass ich auf der Strecke zwischen Bischofszell den kerzengeraden Naturweg entlang der Thur geführt werde. Letztes Jahr bin ich einen Teil der Strecke in umgekehrter Richtung gefahren - und das war damals ein Regentag und der Boden war aufgeweicht und morastig tief und die rund vierzehn Kilometer Damm- bzw. Feldweg haben nicht wirklich Spass gemacht.


Aber heute ist es trocken und es liesse sich trotz manchmal etwas gröberer Oberfläche ganz gut radeln - wenn da nicht die Reiter wären: Begegnungen zwischen Pferd und Liegevelo sind ja immer mit Vorsicht zu geniessen! Die Pferde scheuen meist und lassen sich schwer kontrollieren und ich hab immer Manschetten davor. Hier auf dem Abschnitt zwischen Bischofszell und Wil hab ich nun mehrmals Reiter vor mir, und jedesmal, wenn ich heranfahre, überlege ich mir eine Strategie, wie ich am Besten vorbeikomme. Doch wie auf Kommando biegen sie heute immer in einen anderen Weg ab, noch ehe ich so nahe herangekommen bin, dass ich mich bemerkbar machen oder handeln müsste. Auch recht! Ist mir natürlich lieber so. Sogar die Hündeler sind während der ganzen drei Tagesetappen vorbildlich und nehmen ihre Hunde an die Leine, sobald ich vorbeifahre. Sieh an...


Ganz knapp vor Wil kommt dieser steile Waldweg, den ich letztes Jahr mehr schlecht als recht hinunter balanciert bin. Heute geht's in die andere Richtung und zwar hinauf. Schon nach den ersten Meter wird klar, dass ich das nicht mehr treten kann. Auf Asphalt vielleicht, aber hier auf diesem losen Kies nicht. Also nochmal hundert Schiebemeter. Dann durch Wiler Wohngegenden hindurch, bei Sirnach noch etwas gröberen Waldweg, im ständig leichten Auf und Ab nach Balterswil, am Bichelsee vorbei und bis Turbenthal, das ist einer der landschaftlich schönsten Abschnitte des heutigen Tages. Bei Turbenthal ereiche ich das Tösstal und biege dort nach links, nach Süden ab.


Also noch ein Weilchen der Töss entlang flussaufwärts. Das Flussbett ist so gut wie ausgetrocknet, nur ab und zu sind ein paar Tümpel verblieben. Es wird einfach Zeit, dass es wieder mal regnet! Eine Pause in Saland, dann über eine Hügelkette hinüber nach Pfäffikon zum Pfäffiker See. Es ist Mittagszeit und die sonst so belebte Durchgangsstrasse ist fast menschenleer. Nun nochmals klettern, um nach Uster und ins Becken des Greifensees zu gelangen. Aber das ist nun schon alles Heimspiel, die Strecke kenne ich in und auswendig. Greifensee, Fällanden, Dübendorf, dann meinen Arbeitsweg zurück nach Hause.


Zuhause bekomme ich noch den schweren Sturz bei der heutigen Ausreissergruppe bei der Tour de France mit…uuuuuh…was bin ich froh, dass mir nichts passiert ist! Und überhaupt ist die Welt für mich jetzt wieder in Ordnung - so dermassen drastisch hab ich gar nicht abgebaut in den letzten paar Wochen...Schwimmbad, ich komme...


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