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Beim Frühstücken kommen wir nochmals mit unserem Gastwirt
– dessen Charme irgendwo zwischen Peter Alexander und Hans-Joachim
Kulenkampff changiert - ins Gespräch. Als wir ihm von unserer Reise
berichten und die Marchauen erwähnen, erzählt er uns von einem Panoramaweg
auf der slowakischen Seite, der anscheinend viel naturnaher sein
soll, als der Radweg hier in Österreich. Sagt’s und kommt ein paar
Minuten später mit Infomaterial zurück. Den Naturfilm noch im Hinterkopf,
werden wir sofort hellhörig und beschliessen, diese Route zu fahren.
Natürlich ist uns auch bewusst, dass man als Tourist nicht wirklich
in die geschützten Regionen eines Nationalparks hinein darf, und
das ist auch richtig so, aber ein bisschen geben wir uns schon der
Illusion hin, dass heute vielleicht wieder die ein oder andere interessante
Beobachtung auf uns warten könnte.
So rollen wir heute erstmal hinunter in die Ebene, benötigen das erste Mal auf dieser Reise ein paar Minuten lang die Regensachen und radeln auf mässig befahrenen Landstrassen nach Hohenau an der March. Hier dürfen wir uns der Schutzkleidung wieder entledigen und bald darauf in den dampfenden Auwald der March eintauchen. Ein breiter Waldgürtel mit mächtigen Bäumen, eine Brücke mit Grenzübergang, schon sind wir in der Slowakei. Jenseits des Auwaldes finden wir den ausgeschilderten Weg, eine schmale Asphalttrasse, die wohl auch die slowakische Grenzpolizei benutzt, und biegen hier ab nach Süden. Das Weinviertel ist ja nicht gerade dicht besiedelt, doch hier auf dieser Flussseite erwartet uns Einsamkeit pur. Links sieht man in der Ferne ab und zu mal einen Kirchturm und einmal kommen wir an einer Kaserne vorbei, ansonsten sind wir hier ziemlich mit uns alleine.
Der Weg führt – wie schon vermutet - ausserhalb des Auwaldes entlang. Trotzdem geben sich uns zwei Schwarzstörche die Ehre und eine Rohrweihe patroulliert auf einem Feld auf und ab und ist so gar nicht scheu. Kormorane, Lerchen und Nebelkrähen runden das ganze Bild ab. Das grossartige oder einmalige Naturerlebnis bleibt aber aus. Ist halt doof, wenn man sich vorab Bilder ausgemalt hat, die dann nicht eintreffen. Naturfilmer haben eben meist eine Sondergenehmigung und viel Zeit, während wir hier nur eine Momentaufnahme erleben. Trotzdem ist es interessant, hier mal durch zu radeln. Man muss sich ausserdem auf den Weg konzentrieren, denn der ist mit tiefen Schlaglöchern übersäht. Am Schluss dieser Route kommen wir noch durch die beiden Ortschaften Suchohrad und Záhorská Ves, wo wir in misstrauische und verkniffene Gesichter blicken. Kein Gruss, kein Lächeln wird erwidert. Schade. Eigentlich.
Wieder an der March angelangt setzen wir mit der Fähre nach Angern über, wo wir gestern nach langem Telefonieren noch ein Zimmer in einem Motel bekommen haben. Und plötzlich sind wir in Amerika angekommen: auf einer Ausfallstrasse hat ein findiger Kerl zusammen mit einer Imbissbude (hier natürlich nicht mit Hamburgern, sondern mit Schnitzeln) ein Motel hingebastelt, und das sieht so aus, wie man es eben aus den Staaten kennt. In gewisser Weise ist das auch irgendwie skurril. Genauso wie der Gasthof, in dem wir später essen: der kann mit einer Theaterbühne im hinteren Saal aufwarten. Alles etwas sehr ver- oder gebraucht, aber immerhin. Dabei ist das Nest hier so in der Pampa, wie man es sich nur vorstellen kann. Vielleicht ist das aber auch nur unsere subjektive Wahrnehmung, denn auf der Landkarte sehen wir, dass Wien und Bratislava gar nicht mal so weit weg sind.
Abends erleben wir noch eine schöne Zeit am Fluss. Wir sitzen bei der Fähranlegestelle und beobachten den abendlichen Grenzverkehr. Bis dann eine Gewitterfront aufzieht und wir gerade noch rechtzeitig zurück in die Unterkunft kommen.
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